Führung II: Schloss und Museum
Treffpunkt: Schlosshof
OUTDOOR: Start auf der Terrasse
Kurze Vorstellung der Gemeinde Fischbachtal – Lichtenberg als kultureller und historischer Mittelpunkt – im Zeitraffer: Heuneburg aus keltisch-germanischer Zeit -Burg der Grafen Katzenelnbogen aus dem späten 12. JH – Stadtrechte zusammen mit Groß-Bieberau700Jahrfeier 2012 – nach dem Aussterben der Grafen von Katzenelnbogen 1479 ging deren Besitz und Lichtenberg an die Landgrafen von Hessen – nach dem Tod von Philipp dem Großmütigen vererbte dieser die Obergrafschaft mit Lichtenberg an seinen Sohn Georg I. – dieser erbaute 1570-81 das Renaissanceschloss Lichtenberg – erster Renaissancebau Südhessens und Modell für weitere Bauten (Jagdschloss Kranichstein, Teile der Darmstädter Residenz, Darmstädter Rathaus, u.a.) = Lichtenberger Stil von Baumeister Jakob Kesselhut und architekturinteressiertem Landgraf Georg I.
Schloss: Mächtiger 3-flügeliger Bau – 60 m Breite – Süd- und Westflügel sind 38,5 m lang mit Mauerstärke 1,5m – Ostflügel ist 46 m lang mit Mauerstärke 2 m – Ostflügel ist sog. „alter Bau“, da Teile davon noch aus der mittelalterlichen Burg stammen – wurde dem Renaissancestil angepasst und erweitert – Treppenturm (typisch für Renaissance) mit geschweifter Haube stellt Verbindung her zum neuen Schloss und war der einzige Zugang zu den oberen Stockwerken des Schlosses (neben dem Turm des Katzenelnbogener Baues) – die Formen der Fenster sind der aufsteigenden Treppe angepasst – ursprünglich war geplant, den Westflügel noch zu verlängern (zum damaligen Zeitpunkt stand noch der alte Katzenelnbogische Bau, der 1845 einstürzte und auf dessen Grundmauern sich die heutige Terrasse befindet). (Hier kann man sehr gut die Tafel des Gopaks einsetzen, auf der das Bild der alten Burg von Wagner aus 1634 sehr schön zu sehen ist.) – Farbgebung mit weißen Wänden und rotem Sandstein entspricht dem Original aus dem 16. Jahrhundert – Granit aus Steinbrüchen bei Niedernhausen, Sandstein wurde von Steinbrechern aus Reinheim geliefert (Steinbrüche im hinteren Odenwald).
Rundgang
- wir verlassen den Schlosshof am Pförtnerhaus neben der Kastanie und steigen die Treppen hinab zum Schlosspark, dann links
- und laufen Richtung mittelalterliche Vorburg
(aus dem 14. und 15. Jahrhundert, ältester Teil der gesamten Anlage) – sehr romantisch☺ zeigen dabei die Ringmauer der gotischen Vorburg mit Schießscharten und dem Wehrgang (für Katzenelnbogische Burgen typische Rundbögen = Vorderseite alte Burgschmiede + Marstall (Pferdestall) + Zehntscheuer) und der alte Burggraben.
- wir gehen zurück Richtung Ostflügel
-dabei sehr gut sichtbar Wölbung der Mauer (zeigt altes Bauteil der Grafenburg, Mauern dicker als Restschloss, ca. 2m Stärke)
- weiter zum Süd- und Westflügel,
der eindrucksvoll den Renaissancestil zeigt – auf Dach besonders typisch die Giebel, auch Zwerchhäuser genannt, die den Eindruck der Höhe noch verstärken, mit Voluten, Wasserspeier, langen Fensterreihen. Zwerchhäuser entwickelten sich zu einem charakteristischen Architekturelement der deutschen Renaissance. Sie wurden auf Dächern von repräsentativen Gebäuden errichtet und gliederten große Dachflächen.
- Besonderheit an der Westfront sind die beiden flachen Vorsprünge der Abortanlagen (Risalite), auch „heimliche Gemächer“ genannt
- Blick auf den ehemaligen Wachturm im Rentheygarten: das Christkindcheshäuschen – heute macht Gasthaus Alt Lichtenberg Wunschzettelaktion in der Adventszeit
- Burgmauer und unten die Stadtmauer (dazwischen großer Zwinger)
- weiter vorne links der „Aussichtsbalkon“ (gegenüber vom Denkmal für die Gefallenen des 2. Weltkriegs) – aus Überresten des ehemaligen Gefängnisturmes, d.h. unterhalb gelegen war das Schlossgefängnis
- weiter vorne waren weitere Pferdestallungen sowie die „Schwemme“=Pferdetränke (leider alles abgerissen und zugeschüttet)
- dann gehen wir, vorbei am hohen Pfortenhaus (Torhaus), später Haus des Revierförsters, und Burglinde wieder in den Schlosshof
- und zeigen die mit Renaissanceornamenten/Beschlagwerk verzierte Brunnenbütt, damals „Springender Brunnen“ genannt (1577 Wasserleitung aus Holzrohren von 4km außerhalb in der Gemarkung Lützelbach, die in den Brunnen mündete, Wasser wurde in dem Becken gesammelt – Hauptproblem aller Burgen war die Wasserversorgung)
- zeigen die Schlossglocke (1981 wurde diese Glocke von Bürgern gestiftet, läutet täglich um 12 und 18 h)
- machen aufmerksam auf die schönen Sandsteinportale (Vorlage dazu war das Architekturbuch des Italieners Sebastiano Serlio)
- erklären das Westflügel-Portal „Wappenportal“ am Eingang der ehemaligen Schlossküche (Hochrelief-Allianzwappen des Erbauers Georg I. und seiner Gattin Magdalene zur Lippe, 1575 gearbeitet von dem Straßburger Bildhauer Hartmann Besserich).
INDOOR:
- anschließend treten wir in den Vortragsraum (ehemalige Schlossküche) ein – zeigen den Bereich der „Feuerstelle“ (der Kamin lag an der Nordmauer und wurde 1580 errichtet),
- leider blieb keine Einrichtung erhalten, wurde Ende 19. JH als Frühstücksraum für die Gästezimmer des Hotels Schellhaas genutzt, danach erster Museumsraum –
- im Vortragsraum evtl. noch erklären, warum Lichtenberg zu solch einem großen Schloss kam (siehe Hintergrundinfo Führung II)
- gehen weiter in das Standesamt (ehemalige Gerichtsräume, in denen der Amtmann bis 1848 Recht gesprochen hat) – renoviert 2011
- übrigens: das Treppenhaus aus Holz wurde erst ca. Mitte des 19.Jahrhunderts eingebaut
- danach weiter zur Schlosskapelle
– Eingang über Treppenturm (besonders steinerne Wendeltreppe beachten mit ihren Steinmetzzeichen) – Inschrift an Wand aus der ersten Zeit der Nutzung als Kirchenraum „1571. V.D.M.I.AE.“ (verbum domini manet in aeternum = das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit) und das Wappen der Grafen zu Katzenelnbogen – wenige Jahre später Verlegung in das obere Geschoss – 1712 wieder Rückverlegung ins Erdgeschoss – Renovierung 2011 nach historischem Vorbild – gut erkennbar an gebogener Außenmauer und Mauerdicke ist der gotische Ursprung – Ökumene wurde bis 2005 praktiziert, da evangelische und katholische Christen sich die Schlosskapelle teilten – heute regelmäßig ev. Gottesdienste – durch Standesamt und Kaisersaal ideale Location für Hochzeiten☺
- dann gehen wir weiter in das Museum:
Hier Schnelldurchlauf der einzelnen Abteilungen (Geschmack machen darauf, dass man nach der Führung gerne ausführlich das Museum besuchen kann).
1. Start im EG mit dem Raum der alten Handwerksberufe (Schmied, etc.)
2. Hoch in den 3. Stock zur Zinnfigurensammlung (hier kann man mit Hilfe der Schaukästen sehr gut die Lichtenberger Geschichte erklären, wie Heuneburg, etc.)
3. gegenüber zu den Odenwälder Gäulchen und Schreibgeräten
4. Treppe runter in den 1. Stock Mitte: Alte Apotheke
5. Geo-Naturpark-Ausstellung (Zeitspirale: Geschichte der Landwirtschaft in der Region), dann dazu passend gegenüber zu den
6. Landwirtschaftliche Geräten aus früherer Zeit
und von dort Durchgang
- zum Ahnensaal bzw. Sommergalerie (auch ehemals „Steinernes Gemach“ genannt)
- und enden unsere Führung schließlich im Kaisersaal
– prächtige Aussicht – gut erhaltene Stuckdecken (Vorbilder von Sebastiano Serlio) mit der geometrischen, für Georg I. typischen sachlichen Art –
– Stuckdeckenmotive des Kaisersaals wiederholen sich im Paukergang des Darmstädter Schlosses
– Hinweis auf Dauerausstellung der Gemälde von Johannes Lippmann (Odenwaldmaler und Büchnerpreisträger)
– prachtvolle Zimmertüren aus edlem Holz (entsprechend den Außenportalen)- von dem Darmstädter Hofschreiner Jakob Wustmann – wurden leider 1895 auf Geheiß von Großherzog Ernst-Ludwig in das Darmstädter Schloss gebracht und verbrannten dort 1944.
- Der einstige Schlossinnenausbau wurde 1581 beendet – Inventar bestand aus den künstlerisch gestalteten Decken und Holzportalen sowie eisernen Öfen, die mit der Kohle aus der „Hütte Kernbach“ geheizt wurden, und Tischen, Lehnstühlen, Bänken und Truhen – Im Südflügel Wohnräume des Landgrafen und der Landgräfin, Gesinderäume in den oberen Stockwerken des West- und Südflügels.
Gerne noch erklären: Bedeutung des Schlosses im Verlauf der Jahrhunderte
- lange Zeit Witwensitz der Landgräfinnen
- viel genutztes Jagdschloss
- 1629 Landgraf Georg II. längerer Aufenthalt mit Familie und Regierung in Lichtenberg
- im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) für die Bevölkerung „Fluchtburg“ vor plündernden Soldaten und vor Seuchen/Pest
- bis 1848 Sitz der Amtmänner und Landrichter
- dann Dornröschenschlaf – bis Anfang 20. JH der Gastronom und Bürgermeister Schellhaas das Schloss nutzte für Gästezimmer (Lichtenberg war Höhenluftkurort)
- anschließend in der Nachkriegszeit Vermietung als Privatwohnungen und Museum
- heute viele Veranstaltungen (Schlosskonzerte, Jazzfrühschoppen, Sommergalerie, Museum, Hochzeiten, Empfänge) und hoffentlich weiterhin viele Besucher ☺